- Weltweite Zahlungsmoral deutlich verschlechtert: Globale „Days of Sales Outstanding“ (DSO) stiegen um +3 Tage auf 59 Tage im Jahr 2023, das ist der größte Anstieg seit 2008
- Europäische Unternehmen weiterhin mit guter Zahlungsmoral – insbesondere deutsche, niederländische und skandinavische Firmen
- 2024: Zahlungsverhalten dürfte sich mit sinkender Rentabilität weiter verschlechtern
Die weltweite Zahlungsmoral hat sich im vergangenen Jahr so stark verschlechtert wie seit 2008 nicht mehr: Die globalen „Days Sales Outstanding“ (DSO) – also der Zeitraum zwischen Rechnungslegung und deren Bezahlung – sind um 3 Tage angestiegen auf nunmehr 59 Tage. Der Anstieg ist damit fast doppelt so hoch wie 2022. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Kreditversicherer Acredia in Zusammenarbeit mit Allianz Trade. Zu den „Schnellzahlern“ zählen Unternehmen aus Deutschland, den Niederlanden und aus Skandinavien. In Frankreich, Italien und Spanien sowie im asiatischen Raum werden die Rechnungen im Durchschnitt deutlich später bezahlt.
„Je länger Unternehmen auf ihr Geld warten müssen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Rechnung gar nicht bezahlt wird“, sagt Gudrun Meierschitz, Vorständin bei Acredia. „Insofern ist die Zahlungsmoral ein wichtiger Indikator für potenzielle Zahlungsausfälle und damit Vorbote für Insolvenzen. Die abnehmende Zahlungsmoral untermauert unserer Prognose, dass 2024 die weltweiten Firmenpleiten um weitere +9 Prozent steigen.“
Zahlungsfristen dürften sich mit sinkender Rentabilität weiter verlängern
Die Rentabilität ist dabei der wichtigste Einflussfaktor auf das Zahlungsverhalten in Europa. Sie wirkt sich stärker aus als die Finanzierung oder der Konjunkturzyklus. In diesem Zusammenhang könnte eine Verlangsamung der globalen Nachfrage im Jahr 2024 in Verbindung mit weiterhin hohen Betriebskosten die Voraussetzungen für eine weitere Verschlechterung der Zahlungsbedingungen schaffen, insbesondere in Europa.
„Ein Rückgang der Rentabilität um nur einen Prozentpunkt (pp) könnte die Zahlungsfristen um über 7 Tage verlängern“, zitiert Meierschitz aus der Studie. „Angesichts der drohenden Rentabilitätseinbußen im Jahr 2024 sollten sich europäische Unternehmen auf längere Zahlungsfristen einstellen. Dies könnte den Cashflow unter Druck setzen und das Risiko von Zahlungsausfällen in der Region erhöhen.“
EU-Verordnung würde erheblichen Kapitalbedarf mit sich bringen
Der Umgang mit Zahlungsverzug ist der Schlüssel zum Aufbau von Widerstandsfähigkeit für europäische Unternehmen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission über eine EU-Verordnung zum Zahlungsverzug deuten darauf hin, dass die Zahlungsfristen von den derzeit empfohlenen 60 Tagen auf 30 verbindliche Tage verkürzt werden könnten. Das Europaparlament hat zwar eine Verlängerung auf 60 Tage ergänzt, wenn dies vertraglich vereinbart wurde, oder auf 120 Tage für bestimmte Waren. Trotzdem bedeutet dies deutlich weniger Flexibilität für die Unternehmen im Vergleich zu den aktuellen Bedingungen.
41 Prozent der europäischen Unternehmen warteten 2023 über 60 Tage auf ihr Geld. Für diese Unternehmen dürfte die geplante Verordnung erhebliche wirtschaftliche Folgen haben – und bringt vor allem einen zusätzlichen Kapitalbedarf mit sich.
„Die europäischen Unternehmen bräuchten 2 Billionen EUR an zusätzlichen Finanzmitteln, um die Zahlungsfristen auf 30 Tage zu verkürzen“, so Meierschitz. „Bei den derzeitigen Zinssätzen würde dies jedoch die Zinslast der Unternehmen um 100 Mrd. EUR erhöhen, was einem Margenverlust von 2 Prozentpunkten entspricht. Darüber hinaus könnten zu starre Zahlungsbedingungen die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Europa gefährden, weil Unternehmen zu Lieferanten außerhalb der EU zu wechseln.“
Die gesamte Studie in Englisch ist ab sofort als Download abrufbar.